#4 berufsvorbereitende Bildungsmassnahme: Oktober 2007

Mittwoch, 31. Oktober 2007

Tag 3

Langer Tag heute.
Ein Highlight des Tages war defintiv der Geschichtsunterricht.
Exemplarisch hier nur ein einziges Satz eines Mitschülers aus einer Diskussion zwischen ihm und mir:

"Ja weisst du, das mit uns und den Kurden ist so wie damals als die Amis euch angegriffen haben..."

Nachdem wir uns dann in Mathe mit Auszügen aus dem Buch "Üben für den Hauptschulabschluss" vergnügen durften, geschah im Unterrichtsblock danach etwas Seltsames:
Ich glaube ich habe nun, einzig durch sitznachbarschaftliches Helfen bei den Mathaufgaben, den Aufstieg vom Opfer zum Gangmitglied geschafft. Denn als es hiess

"Ihr bereitet jetzt ein Rollenspiel eines Bewerbungsgesprächs vor. Bildet dazu drei Vierer- und eine Fünfer-Gruppe.",

wurde ich auf einmal direkt in die Gruppe mit den Gangstern eingeladen.
Dass die Gruppenarbeit dann ausschliesslich auf türkisch stattfand war mir dann auch egal.
In der Mittagspause dann noch drei besoffenen Gammelnazis am Marktplatz, die irgendeine Rechtsrockscheisse gehört haben und von denen einer vor Kurzem erst Bewährung bekam, die Cops auf den Hals gehetzt. Leider war meine Mittagspause schon zu weit fortgeschritten, so dass ich dann irgendwann meinen Voyeurismus vom Tchibo-Stehtisch aus abbrechen musste, bevor die Streife eintraf.

Dienstag, 30. Oktober 2007

Tag 2

Zweiter Tag und schon bin ich nicht da.
Hab heut Morgen einen Arzttermin und danach ein Vorstellungsgespräch. Das wollte ich auch gestern dem zuständigen Menschen sagen, jedoch wollte er das aus irgendwelchen Gründen nicht wissen. Mein Versuch da grade anzurufen und Bescheid zu sagen scheiterte daran, dass ich die Durchwahl meiner Bildungsbegleiterin nicht habe, da sie ja noch auf Reisen ist.
Naja, dann bleib ich halt noch eine Stunde hier liegen und les mal etwas Sinnvolles.

So. Endlich Zeit um mich hier wieder dran zu setzen.
Vorstellungsgespräch war so naja. Was jedoch interessant war, war das Zusammentreffen mit meiner Bildungsbegleiterin, das sich dann noch ereignete als ich nach einer Stunde Stadtbummel doch noch zur IHK ging.
Mein erster Blick wanderte in ihrem Büro zur Pinwand.
Als erstes fiel der "Wir lassen uns das dagegensein nicht verbieten!"-Sticker ins Auge, dicht gefolgt von dem hier:

Direkt gut gefühlt.
Kam aber noch besser, denn wie sich herausstellte war sie mal Ausbilderin in Sachen Mediengestaltung und dreht da jetzt was, so dass ich den Laptop meiner Mama mitbringen soll und dann machen wir zusammen mit den ganzen diversen Programmen rum und arbeiten so Aufgaben ab, die sie mir dann stellt. Besser als die Alternativen. Die bestehen nämlich entweder aus "Kosmetik und Körperpflege", "Metallbau", "Maler und Lackierer" und "Deutsch für Migranten". Als sie dann noch mit den Worten, "Tja, die Anderen snd grad im EDV-Raum. Aber wenn ich mir das hier so anguck [sieht aus dem Fenster], sehen sie mal zu, dass sie noch was von dem blauen Himmel geniessen können. Wir sehen uns dann Morgen früh."
Oder um es mit den etwas rüden Worten eines Genossen zu sagen:

"In einen Eimer voll Scheisse gegriffen und ein Stück Gold gefunden!"

Jetzt bin ich nur mal gespannt, wie ich die 90 Minuten Geschichtsunterricht morgen um Acht durchstehen soll, ohne mich in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen.

Montag, 29. Oktober 2007

Tag 1

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Vorgeschichte

Letztens bekam ich eine Einladung von der Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden aus Bequemlichkeit und Ablehnung des Images, das sich diese " Agentur" geben möchte, nur noch "Arbeitsamt" genannt) zur "grossen Ausbildungsplatz-Börse". Als ich dann vor meinem zuständigen Berater sass, fragte er mich irgendwann in einem Nebensatz, ob ich nicht Lust auf "sone Massnahme" hätte. Da er sich bei bisherigen Besuchen immer als ziemlich inkompetent im Fachlichen wie Menschlichen erwiesen hat, wollte ich es nicht auf eine grosse Diskussion ankommen lassen und bejahte kurzerhand.
Donnerstag bekam ich dann einen Anruf:
"Ja guten Tag, Herr Nase. Bildungszentrum des Handels hier. Wir haben noch einen Platz für sie. Kommen sie doch bitte Morgen früh um neun zu uns."
Zack. Das wars. Nach einigen Recherchen wurde mir langsam klar, was er denn mit "einem Platz für sie" meinte, da ich gar nicht zuordnen konnte, worum es ging.
Also am nächsten Tag hingegangen, in der Erwartung, ich müsste mich irgendwo vorstellen und dann gäbs eine kleine Einführungsrunde, in der mir erklärt wird, was die jetzt eigentlich von mir wollen.
Nix da.
Um 14 Uhr war dann irgendwann Schluss und ich merkte, dass mein Zwei-Stückchen-Schokolade-Frühstück völlig unterdimensioniert war.
Achso, inhaltlich lief an diesem Tag nicht viel. Grossartig erklärt wurde nichts, aber dafür war ich wenigstens motiviert, den ganzen Tag zuzuhören um mir aus einigen Nebensatzfragmenten zusammenzuspinnen, wie diese "BvB" denn nun funktioniert.

Vorwort

Vorab ein paar Worte zu diesem Blog.
Dies hier soll nichts persönliches werden. Ich will hier lediglich die nächsten 9 Monate dokumentieren, welche ich in einer vom Arbeitsamt arrangierten "berufsvorbereitenden Bildungsmassnahme" verbringen werde.
Einerseits möchte ich versuchen Anderen, die wie ich völlig ahnungslos in solch eine Massnahme reinrutschen, einen Eindruck zu vermitteln, was es denn genau heisst, die nächsten 9 Monate in solch einer Anstalt zuzubringen.
Andererseits hilft es mir, glaube ich, das Ganze zu überstehen, wenn ich es als Expeditionsbericht anlege und mich so etwas auf Distanz halte.
Ich weiss noch nicht, wie seriös und faktenbasiert es werden wird. Ich kapier ja selber kaum wie das da läuft. Also erwartet nicht, dass ich euch die "berufsvorbereitende Bildungsmassnahme" erkläre.
Das hier ist Gonzo, kein Ratgeber.