#4 berufsvorbereitende Bildungsmassnahme: Tag 20

Montag, 26. November 2007

Tag 20

Es wird in naher Zukunft ein Problem geben.
Ich verspüre jede Stunde den beinah unwiderstehlichen Drang meiner/meinem jeweiligen SitznachbarIn auf den Arm zu boxen und "Weitergeben! Ohne Rückfahrkarte!" zu rufen.
Ich merke, dass ich es irgendwann nicht mehr werde unterdrücken können.
Ich hoffe nur, dass ich dann nicht neben einem/einer dieser ganzen Verrückten sitze, die auf jede noch so nette Frage mit "HÄ? WATT?!" antworten.

Heute habe ich den ganzen Tag - also von Acht Uhr morgens bis halb Fünf am Nachmittag - "Bewerbungstraining" im EDV-Raum.
Also exakt Siebeneinhalb Stunden rumsitzen und versuchen nicht aufzufallen.
Denn wirklich zu tun gibt es hier Nichts.
Ich soll jetzt einen "Bewerbungsflyer" erstellen. Keine Ahnung wofür das gut sein soll, da es nur ein doppelseitiges A4-Blatt sein wird, auf dem dann sowas steht wie:

"Sehr geehrte Damen und Herren,
hätten sie ein paar Minuten Zeit für mich?
Ich möchte mich Ihnen gern vorstellen.
Möchten Sie mehr über mich wissen?
Dann blättern Sie doch einfach um!"

Ich sehe ein, dass ich bestimmt kein Experte in Sachen "erfolgreich Bewerben" bin - sonst säße ich ja jetzt nicht hier - und ich erkenne auch an, dass die Menschen die hier arbeiten garantiert mehr Erfahrung haben als ich.
Aber was zur Hölle soll dieser Bewerbungsflyer?
Wenn ich mich an die Vorlage halte, wird das Ding nachher so unglaublich dilletantisch aussehen, dass das ZK der ausbildenden MediengestalterInnen ein Memo rumschicken wird, mit meinen Daten, auf dass ich auf Lebzeiten auf deren roten Liste stehe und alle Bewerbungen in Zukunft ungeöffnet zurück bekomme.
Wenn ich allerdings hingehe und die Vorlage komplett überarbeite und einigermaßen anschaulich mache, so sieht das Ding zwar nicht mehr so verboten aus, Sinn machen wird es trotzdem nicht.
Ich stelle mir nur vor, was ich von jemandem hielte, wenn ich, in meiner fiktiven Position als Bereichsleiter Personalmanagement, solch einen Wisch zugeschickt bekäme.
Das Ding bringt gar nichts: Wenn ich das irgendwohin schicke, ist der einzige Effekt, der, dass der Betrieb mich dann anrufen soll um mich um eine Bewerbung zu bitten. Grossartig.
Das wird meine Chancen auf dem Ausbildungsmarkt drastisch erhöhen, wenn ich jetzt auch noch um meine Bewerbung bitten lasse.

Und wenn die beiden Bekloppten in der Reihe vor mir nicht endlich aufhören sich gegenseitig Blodinenwitze vorzulesen, mach ich ihre Rechner kaputt:

"Hier! Der ist gut!"
"Sach!"
"Was antwortet eine Blondine, wenn man sie nach vier Flüssen fragt?"
"Haha keine Ahnung!"
"Rhein-Inn-Main-Po!"
"Hahahahahahahaha! [Pause] "Inn" kenn ich nicht, aber der Rest ist witzig!"
"Das istn Fluss."
"Hahaha achsoooo!"

Und das machen die schon seit dreissig Minuten!


Das hier ist embedded journalism direkt aus dem Wahnsinn.
Die Beiden vor mir sind jetzt, nach zweieinhalb Stunden, von Blondinenwitzen in die Sparte "versaute Sexwitze" gewechselt:

"Was ist das: schwarz-rot-schwarz-rot-schwarz-rot?"
"Haha keine Ahnung!"
"Ein Neger beim Wichsen!"
"Hohoho..."
"Nur das mit dem "rot" kapier ich nicht..."
"Ich auch nicht..."

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